Brettlhart - die neuen Kabarettbücher

Damit Ihnen das Lachen nicht vergeht

Kabarett mit QBR Code:Christine Prayon

Vom Don-Kosaken-Chor wissen wir, dass eine Abschiedstour niemals eine Abschiedstour ist. They ever come back. Wiederkommen ist in der Tourabsage schon inbegriffen. Wir kennen das auch von deutschen Schlagergrößen, die sich von Abschiedstour zu Abschiedstour hangeln. 
Der Lockdown machte manche Tour zur Abschiedstour mittendrin platt und auch zuweilen, bevor sie je richtig begannen. Christine Prayon, alias Birte Schneider aus der heute show, erging es genau so. Schluss, aus, Vorhang! Keine Auftrittsmöglichkeit mehr! Bei Youtube streamen erschien ihr zur kapitalistisch orientiert, auf jenen Internetplattformen zu tanzen, dann lieber zum Stift greifen und aus den Bühnentexten ein Buch konzipieren. 


„Keine Klischees bedienen, sondern sie bekämpfen“, war ihr Motto, das sie dem Deutschlandfunk verriet. Im Vorwort schreibt sie: „Warum also ein Buch. Weil es gerade keine Bühnen gibt.“

 
Leere Buchseiten am Anfang ihres Paperbacks erinnern uns an die Corona-Gefühlsleere der kulturellen Bühnen. Es ist das pure Nichts, das uns ins Auge springt. Prayon spielt mit der Optik in dem Buch, knipst mit einer schwarzen Seite ihren Bühnenauftritt am Ende auch aus, zieht sozusagen den Vorhang zu. Im Bonusmaterial, was wir aus CD-Produktionen kennen, lesen wir einzelne Nummerntexte und bekommen den LINK und QBR-Code zum Auftritt dazu. Ob Flüchtlingsstrom oder Kapitalismuskritik, Comedygags oder Kabarettpointen, alles drin im Experimentiertext, der die Magie der Bühne ins Buch packt. 


Christine Prayon, geboren 1974 in Bonn, ist Schauspielerin und Kabarettistin. Bekanntheit erlangte sie durch Auftritte in der heute-show, in Die Anstalt und Extra3. Sie wurde unter anderem mit dem Goldenen Stuttgarter Besen, dem Deutschen Kleinkunstpreis, dem Prix Pantheon sowie dem Dieter-Hildebrandt-Preis ausgezeichnet.

 

„Eine bissige Satire auf unser kapitalistisches Ausbeutungssystem.“ hr2

„Auf der Bühne wie im Buch geht es ihr um große Fragen – um gesellschaftliche Ausbeutung, um Solidarität und darum, welche Alternativen es gibt zu dem Bestehenden.“ Deutschlandfunk Kultur

„Eine Bühnenshow in Schriftform.“ thelittlequeerreview


Christine Prayon Abschiedstour Eine Utopie WESTEND

Notiertes Nichtwissen des Piet Klocke

Wie muss der Leser beschaffen sein, um dieses Satire-Buch zu verkraften: Experimentell veranlagt, mutig. Er muss sich auf Verrücktes einlassen können, SALTO-Wörter und Sätze mögen, humorbegabt sein.

Schon bei den Überschriften zu den Kapiteln möchte man sich wegwerfen vor Lachen: „Ich habe geträumt, ich hätte geschlafen“, „Brückentage der Malerischen Philosophie“, „Beate, Gründeljahre einer Königsforelle“, „Leibesübung Leibespraxis“ oder „Freilaufende Substrate aus der Region“.

 

Das ist blühender Blödsinn und tiefsinnige Erkenntnis zugleich, ziemliche Humorhöhe und in strenger Logik gepresste Ekstase, geboren aus einer hirntrainierten Phantasie.

 

Klocke kombiniert Wörter, Sätze, Reime, Phantasie-Fetzen, Blödsinns-Einsichten und immer wieder Erstaunliches, etwa: „Das Staunen der Lämmer“ oder „Heute früh hatte ich kurz den Kontakt zu mir verloren“ oder „Viele wollen nur wissen, was sie verstehen“. Sinnigen Tiefsinn und unsinnige Gedankenschärfe, die immer wieder überraschen. Irgendwie Gaga und Dada.

 

„Heute klingt der Wind wie Wagner“. „Es gibt Themen, die reiche ich gleich weiter ans Unterbewusste.“ Da stellt man sich wirklich bildlich vor, wie bei Piet Klocke die „Synapsen flattern“, wenn eine Kapitelüberschrift „Synapsenflattern“ heißt. Da werden selbst Rechtschreibprogramm-Apps verrückt.

 

Klocke ist eine wortgewandte Experimental-Mischung aus Dieter Hildebrandt, Hanns Dieter Hüsch, Heinz Erhard, Joachim Ringelnatz, Hugo Ball, dem Erfinder des Dadaismus, er ist ein Joseph Beuys der Worte, ein Torsten Sträter, verrückter Karl-Valentin-Nachfolger des blühenden Blödsinns.

 

Klocke stellt Fragen wie „Liebt man sich den anderen zurecht“ oder er konstatiert: “Die meisten TV-Sportkommentatoren bekommt man nicht erstattet.“ Erst recht dann nicht, wenn geschraubte Sätze fallen wie: „Antizipiert bis unters Stadiondach. Einen tödlichen Fehlpass der Kategorie ‚eingeschränkte Präzision‘ zuzuordnen, lässt auf höchste Fußball-Kompetenz schließen.“

 

Und wenn der Klocke-Leser die Frage stellt, warum sieht der TV-Zuschauer ein solches Worttalent nicht öfters in der „Glotze“, hat Piet Klocke die schlüssige Antwort parat: “Das verstehe ich auch nicht, dabei zahle ich Gebühren!“.

 

Jetzt, wo die Rundfunkbeiträge erhöht werden, könnte man sich wieder einen Piet Klocke leisten, damit wir endlich wieder was zu lachen haben.

 

Nach seiner Zeit als Gründungsmitglied des Fools-Musiktheaters Kamikaze Orkester, mehreren Jahren in diversen Bands und als Film- und Fernsehmusiker, wurde der im Ruhrgebiet gebürtige Piet Klocke auch als Komödiant im deutschsprachigen Raum bekannt. Unvergesslich seine Seminare »Kommunikation – wozu?«, »Scheitern als Weg« oder »Leben – eine Zumutung, aber muss ja!«. Mit seinen Büchern "Kann ich hier mal eine Sache zu Ende?!" und "Kühe grasen nicht, sie sprechen mit der Erde" eroberte sein von Mutterwitz, trockenem Humor, aber auch tiefer Melancholie geprägter Stil die Herzen seiner lesenden Fans.

 

Piet Klocke Fürs Leben muss man geboren sein – Notiertes Nichtwissen. HEYNE

Hüsch  DAS SCHWERE LEICHT GESAGT

In meiner Studentenzeit in Saarbrücken haben ich ihn - bei Auftritten an der Philicorda-Orgel - sitzend, tobend gesehen und gehört, wie er da über die Tasten „hüscht“, flink, jazzig-musikalisch, pointiert, die Worte ins Mikrofon bläst, dröhnt und leise tönt, zu jeder Sekunde sich bewusst, was er da inhaltlich sagt und singt. Und im Programm des Saarländischen Rundfunks haben wir regelmäßig seinen Auftritten als Moderator in der Sendung „Gesellschaftsabend“ gelauscht.

 

Mein Gott, was für ein Talent und welche Einsichtskraft. Welche Analysefähigkeit, gepaart mit der erträglichen und unerträglichen Leichtigkeit des Seins. Im Saarländischen Rundfunk ist man ihm begegnet, weil er dort seine Meyer-Glosse präsentierte.

 

Endlich habe ich mal wieder Texte von ihm in Händen, dank HERDER.

Neben den gesellschaftskritischen Attacken setzt Hüsch – wie er im Vorwort schreibt – „poetisch-küchenmenschliche Geschichten“ für den Nachhauseweg als Abschluss seiner Programme, jetzt gesammelt in dem Buch DAS SCHWERE LEICHT GESAGT bei HERDER.

 

Unter dem christlichen Motto “Fürchtet Euch nicht“ versammelte sich im Leben eines Kabarettisten „… Tröstliches und Unverzeihliches, Mutloses und Hoffnungsvolles, Privates und Berufliches“.

 

Seine christliche Prägung kommt in dem Satz zum Ausdruck, dass bei seinen Texten der „liebe Gott nachgeholfen“ hat.

 

Unter dem Eingangstitel „Für wen ich singe“ formuliert Hüsch:

„Ich singe für die Verrückten. Die seitlich Umgeknickten. Die eines Tages nach vorne fallen. Und unbemerkt von allen.“

 

In seinem Gedicht „Anstoß zum Frieden“ heißt es in der Schlusszeile:

 

Wo andere mit dem Fuß aufstampfen

Lasst uns Feinde in Freunde verwandeln.

 

Oder an anderer Stelle „Frieden fängt beim Frühstück an.“

Er spricht von Gott als Akkordeonspieler, der Musettewalzer intoniert

 

Zufällig Deutscher

Und ein bisschen evangelisch

Begeh ich behutsam die Welt.

 

Hüsch ist der Poet unter den Kabarettisten.

Klassisch die Szene, in der Hüsch die Kernfrage stellt:

 

Sagen Sie mir doch bitte

Was kommt eigentlich zuerst

Die Kunst oder der Mensch

Oder

Der Mensch und dann die Kunst?

 

Lassen wir hier das Ende offen und lesen Sie selbst.

 

Mit 64 kann er immer noch Joe Cocker von Chris Rea unterscheiden, sieht sich „…auf der Bahnsteigbank in Eitorf mit Irokesenfrisur, als Außenseiter, aber von der ganzen Welt träumend.“

Es sind Sätze, in denen alles steckt:

 

Geschichte macht dick

Macht schwer und beladen

Ist Gegenwartsgewirre

Und Vergangenheitsgepäck

Aus Blut und Ekel, Kot und Dreck

Macht stumpf und lahm

Und geistig irre

 

Wortkaskaden hüpfen über Melodienfolgen, Orgelklänge treiben die Satzgebilde vor sich her, Hüsch macht Tempo, ist kein Pointen-Lahm-Arsch, er drückt uns die Themen förmlich ins Ohr, macht den Zuhörer schier atemlos, verweist ihn in die von ihm verordnete Nachdenklichkeit.

Ob er den Sinn des Lebens thematisiert oder seine eigene Bibelauffassung, Christsein oder das Friedensthema aufgreift, immer ist Hanns Dieter Hüsch bei sich und bei uns zugleich, und er ist und bleibt einfach „die ehrliche Haut“. Und irgendwie zu gut für diese Welt. Heute würde man ihn als „Gutmenschen“ beschimpfen, und sicher hätte er einen Text zu diesem irren Gesellschaftszustand gemacht.

Was könnte aktueller sein als dieser Text, und es ging noch nicht um Fridays for Future.

 

Im Zeichen des Friedens

Dialog mit der Jugend

 

Wer einen Dialog

Herbeiführen will

Muss sich herablassen

Herabneigen

Von sich absehen

Sich zuwenden und zuneigen

Muss nicht besitzen wollen

Darf nicht besitzergreifend sein

Nur wenig Vorschriften machen

Besser keine

Gelegentlich vorsichtig

Empfehlungen anbieten

Unsichtbar die Hand darüber halten

Unhörbar anders denken

Sich nicht als Erwachsener aufspielen

Fehler nicht gleich als Schande empfinden

Irrtümer gestatten

Dennoch das Recht haben sich Sorgen

Machen zu dürfen

Kummer aufspüren und teilen

Sich wechselseitig erziehen

Sich gegenseitig ernst nehmen

Zusammen essen und trinken

Die Fantasie fördern

Ungeduld creativieren

Aufbegehren durchhalten

Zusammen traurig sein

Nicht immer alles besser wissen

Am besten nichts besser wissen

Sondern trösten

Ratlosigkeit teilen

Wärme herstellen

Bindungen spüren lassen

Liebe

Wer einen Dialog mit der Jugend

Führen will

Muss all diese Anstrengungen

In besonderem Maße auf sich nehmen

Muss all diese Tugenden

Doppelt und dreifach handhaben

Mit der winzigen Hoffnung

Dass die Jugend mit der Jugend

die unweigerlich nach ihr kommt

Ähnlich umgehen wird

Wer aber keinen Dialog

Mehr führen will

Und meint

Seine Generation wäre die einzige

Auf der Welt

Danach käme nichts mehr

Und davor wäre auch nichts gewesen

Dem ist anscheinend alle Würde

des Menschen abhanden gekommen

In dem ist dann wohl kein langer Atem

Weder Furcht noch Fantasie

Der befiehlt nur noch

Verordnet kontrolliert

Erzieht drastisch

Kalt und ohne religio

Unpolitisch und ohne Bindung

Dies ist schon bei vielen der Fall

Und kann uns allen geschehen

Den Alten und den Jungen

Wenn wir nicht mehr miteinander reden

Streiten essen Pläne machen

Uns an die Hand nehmen

Uns umarmen

Lebe-Wesen die wir sind

Verloren die wir sind

Wenn wir uns nicht mehr umarmen können

Und Frieden machen“

 

Oder in einem Satz zusammengefasst:

 

»Stellt die Meinungen ein, dass die Liebe gedeiht. Lasst die Liebe blühen, dass der Frieden wächst.« Hanns Dieter Hüsch

 

Hanns Dieter Hüsch, (1925-2005), gilt als einer der produktivsten und abwechslungsreichsten Vertreter des literarischen Kabaretts und gehört längst zum Olymp der großen deutschen Kabarettisten. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen und Preise. Erst studierte er Medizin, dann widmete er sich der Theaterwissenschaft, beschäftigt sich parallel mit Literaturgeschichte und wird 1947 Kabarettist, vor allem mit Soloprogrammen. Im Ensemble der Arche Nova wirkte er nur in den Jahren 1956 bis 1962 mit.

 

Hanns Dieter Hüsch DAS SCHWERE LEICHT GESAGT          HERDER

Dieter Hildebrandt     Das Textvermächtnis

Titel Dieter Hildebrandt Was aber bleibt. Texte aus fünf Jahrzehnten BLESSING


Autor Geboren am 23. Mai 1927 in Bunzlau/Niederschlesien. Grundschule, dann Oberschule bis zum Jahre 1943. Von 1943-1944 Luftwaffenhelfer in Berlin. Nach 4 Monaten Arbeitsdienst Einberufung zur Wehrmacht. Am 8. Mai 1945 in amerikanischer bzw. englischer Gefangenschaft. Entlassung im Sommer 1945 in Hannover. Findet seine Eltern wieder im Oktober und zieht nach Windischeschenbach/Oberpfalz in Bayern. Abitur 1947 in Weiden/Oberpfalz, dann Studium der Theaterwissenschaften und Literatur in München. Gründung des Studentenkabaretts "Die Namenlosen" in München - Schwabing. Danach zusammen mit Sammy Drechsel Gründung der "Münchner Lach- und Schießgesellschaft". 1972 Auflösung des Ensembles. Arbeitet für Rundfunk und Fernsehen. Von 1973-1979 Moderator und Mitautor der ZDF-Sendereihe "Notizen aus der Provinz". Von 1974-1982 "Autorenkabarett" mit Werner Schneyder. Von 1980-2003 SFB-Sendung "Scheibenwischer". Dieter Hildebrandt starb am 20. November 2013 in München.

 

Inhalt Die wichtigsten Kabarettexte aus den frühen 1950er Jahren bis zu seinem Tod 2013

Gestaltung 544 Seiten, Einleitung des Lektors Rolf Cyriax, acht einzelne Kapitel, von den studentischen Anfängen bis zu seinen späten Erfolgen, statt Fotos Zeichnungen des Hildebrandt-Freundes Dieter Hanitzsch, kurze Einleitungstexte vor den Kabaretttexten, kleine Porträts von Zeitgenossen inbegriffen und abschließend eine Literaturübersicht zu Dieter Hildebrandt.

 
Cover Halbporträt eines nachdenklichen Dieter Hildebrandt, leicht grübelnd, in die Ferne blickend, fragend: Was bleibt?

Zitat „Man kann nicht mit der Faust auf den Tisch hauen, wenn man die Finger überall drin hat.“

 

Meinung Es sind zuerst persönliche Erinnerungen an Dieter Hildebrandt, die einem durch den Kopf schießen, wenn man das Texte-Buch in die Hand nimmt. Ich hatte als Journalist einige Begegnungen mit ihm: Zuerst nur vor dem schwarz-weißen Fernsehschirm der frühen Jahre der Bundesrepublik, mit der Oma auf der Couch sitzend und SCHIMPF VOR 12 anschauend, wir waren beide frühe Fans. Ein Muss zu Sylvester. 
Später traf ich ihn in der Münchner Lach- und Schießgesellschaft bei Programmen mit Werner Schneyder oder dem Ensemble oder für Interviews. Später im SFB, in der Scheibenwischer-Zeit zu einer Geburtstagsbilanz mit O-Tönen aus sieben Jahrzehnten, denn so alt war er geworden. Und schließlich bei Buchmessen, wenn er ein Buch vorstellte und sich diebisch über eine Pointe, einen Gag, einen Satz freute oder ein Polit-Wahnsinn ihn ärgerte. 


Bei allen Begegnungen - selbst unter Zeit-Stress - war „Dieter“, wie ihn alle nannten, total präsent, aufmerksam, zugewandt, kritisch, freundlich, menschlich. Manchmal auch ein bisschen scheu und ganz und gar nicht eingebildet. Es waren immer interessante Begegnungen, die jeweils von seiner unglaublichen Professionalität zeugten, seiner Formulierungsgabe, seiner Nachdenklichkeit, seinem Sinn für Zeitgeschichte, seinen Moralvorstellungen, ohne je moralinsauer zu sein. Auch vor Kalauern schreckte er nicht zurück, er war ja auch eben ein großer Unterhalter, dessen Bühnentalent - er war buchstäblich eine „Rampensau“ - noch einmal heftig zur Geltung kam, wenn Dieter Hildebrandt auf der Bühne einfach aus seinen Büchern vorlas. Auch das war Kabarett in einer neuen Form. Wortwitz in höchster Güte.


Was blieb denn - ohne an das Buch zunächst zu denken - in meinem Hildebrandt-Gedächtnis haften? Seine Duo-Auftritte mit Werner Schneyder, ich war bei Proben und Premiere dabei und werde deshalb nie das Duett „Leben Sie wohl, Kurt Tucholsky“ vergessen.

 
Dann eine Sendung im SFB, er kam gerade von der Scheibenwischer-Sendung, und wir starteten eine Hörfunksendung, nur mit der einzigen Vorabsprache: „Herr Hildebrandt, ich spiele ihnen 7 ‚O-Töne‘ aus sieben Jahrzehnten vor, und Sie reagieren darauf.“ Er tat es, spontan, konzentriert, professionell, ohne einen einzigen Stotterer oder Versprecher, den er doch sonst so gerne einsetzte. Eine Stundensendung, 1:1 aufgezeichnet, ohne die Notwendigkeit, einen einzigen Schnitt vornehmen zu müssen. Brilliant! 


Dann die frühen Auftritte im Fernsehen zu Sylvester, dann die legendäre RHEIN-MAIN-DONAU-Sendung, Auftritte mit Polt und der Biermösl-Blosn und zum Schluss sein geniales Rapper-Stück mit Stock. Hildebrandt verarscht die Rapper-Generation, die uns auf die Nerven geht.: „…die widerlichen Brieder rappen meine Lieder nieder…“ 
Fast hätte ich seine Helmut Kohl-Gedicht-Parodie „Der Mond ist aufgegangen…“ vergessen.


Kommen wir zum Buch, all diese Kabarettstückchen sind in dem umfangreichen Buch vorhanden, chronologisch gegliedert, Jahreszahlen wären als Leitfaden zur besseren Orientierung auch nicht schlecht gewesen. Die kurzen Einleitungstexte helfen jedoch, sich in den Jahrzehnten zurechtzufinden.

 
Rolf Cyriax, der Hildebrandt als Lektor seit 1986 begleitet hat, traf die Auswahl der Texte, denn Hildebrandt sollte noch einmal ein Bilanz-Buch vorlegen. Doch da kam ihm leider der Tod dazwischen. 
So tauchen wir ein in die Zeitgeschichte und Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, deren Deuter Dieter Hildebrandt war: Mit dem treffenden politischen Empfinden deckte er Fehlentwicklungen auf, kritisierte Politiker und deren „Fehltritte“, wir erleben Parteien- und Politschelte, wir erfahren den Kabarettisten als meinungsbildenden Bühnenarbeiter, der mit Wortwitz, Schreibbegabung, Bühnenpräsenz, Gesangstalent sich in die Herzen der Bundesrepublikaner „hineingespielt“ hat. 


Dieter Hildebrandt konnte brilliant Worthülsen entlarven, Blödsinn enttarnen, Politcharaktere entblößen, ohne dabei beleidigend zu werden, und er las den Fernsehverantwortlichen und Granden der öffentlich-rechtlichen Sender rechtzeitig die Leviten, wenn sie mal wieder eine grandiose Fehlentscheidung getroffen hatten.


Zugleich porträtieren Hildebrandt/Cyriax/Hanitzsch in dem Buch Hildebrandts Zeitgenossen und Mitspieler, Kollegen, Freunde und Kombattanten, Erich Kästner, Martin Morlock, Sammy Drechsel, Irene Koss, Werner Schneyder, Hanns Dieter Hüsch, Gerhard Polt, Bruno Jonas, Georg Schramm, Konstantin Wecker, Jochen Busse und Henning Venske. Mit den Zeichnungen von Dieter Hanitzsch sehen wir alle ihre Gesichter wieder präsent vor unseren Augen. 


Das Buch ein lebendiges Geschichtspanorama, ein pralles Sittengemälde, das wertvolle Vermächtnis und Gedächtnis eines großen Deutschen.
„Wir Deutschen haben die Welt beherrscht, fremde Völker, die Natur, fremde Sprachen. Den Konjunktiv nie“.

 

Leser Deutsche in Ost und West sowie alle Comedians und Rapper

Video

Sein Lektor:

Rolf Cyriax über Dieter Hildebrandt

Sie sitzen bei Robert Lembke in der Sendung Was bin ich? Heiteres Berufe raten und müssen für Ihren Beruf Lektor eine typische Handbewegung machen? 

 


Wenn es ganz schlimm kommt, nimmt der Lektor einen Stift und streicht weg. 


Kam das oft vor?


Leider ja!

 


Sind die Autoren zu ausführlich, kommen sie nicht auf den Punkt, zu selbstverliebt in das Wort?

 


Da ist alles möglich. Selbstverliebt sind manche, bis zum Unerträglichen. Sie kommen nicht zu Potte, mäandern um Aussagen und Sachverhalte. Als Sachbuchlektor war eine meiner Aufgaben, Sachverhalte politischer oder kabarettistischer Art zu hinterfragen und zu präzisieren. Ich musste das Ausufernde reduzieren. 

 


Kopfnicken oder handfester Streit beim Autor? Gar Gewaltandrohungen?

 


Streit gab es schon, handfest nie, keine Prügelei, nur des Geistes Kraft allein schneidet in die Seele ein, wie Wilhelm Busch gesagt hat. Es ist eine Auseinandersetzung mit dem Wort. Da gab es Kabarettisten, die so selbstverliebt waren, dass sie es ungerne sahen, wenn ich zum Beispiel Dubletten herausgestrichen habe. Kabarettisten sind so verliebt in ihre Pointen, dass sie manchmal auf Seite 12, 22 und 32 dieselbe Pointe gebracht haben. Da habe ich gesagt: Junge, das hatten wir schon ein paar Mal, und habe es gestrichen. Das war manchmal etwas schwierig.

 

 
Sind da Kabarettisten und Schauspieler schlimmer als Politiker?

 


Mit Kabarettisten habe ich mehr Diskussionen gehabt. Ich habe die Politiker der ersten Garde lektoriert, zum Beispiel Egon Bahr und Valentin Falin, den ehemaligen sowjetischen Botschafter. Die wussten sehr genau, was sie sagen mussten, Politiker müssen da ja sehr konkret und sehr genau sein. Da hatte ich keine Schwierigkeiten. Der Kabarettist formuliert ja sozusagen auch zu seinem eigenen Vergnügen. Und da kann es manchmal passieren, dass er über das Ziel hinausschießt. 

 


Bahr und Falin haben mir mal in einem Interview gesagt, Sie seien Deutschlands bester Lektor. Können Sie mit diesem Lob leben?

 


Ich habe mich mit beiden sehr gut verstanden, habe auch mit beiden sehr hart gearbeitet. Falin war ein Meister der deutschen Sprache. Wie alle Nichtdeutschen aber hat er Fehler gemacht. Wenn ich ihn darauf hinwies, meinte er, wenn Sie das sagen, dann wird es wohl stimmen. Egon Bahr war für mich eine der intelligentesten und sympathischsten Autoren, die ich je gehabt habe. Er hat mir später das DU angeboten. 

 


Sie waren der langjährige Lektor von Dieter Hildebrandt.

 


Der längstjährige. Sein einziger Lektor. Karl Blessing war der Geschäftsführer vom KINDLER-Verlag, und Dieter Hanitzsch, der große Zeichner und Karikaturist, war ein Freund von Dieter Hildebrandt. Hanitzsch kam zu mir mit der Frage: Hättet Ihr Interesse daran, ein Buch mit Dieter Hildebrandt zu machen. Ich musste meinen Chef fragen, wir waren beide große Kabarettfreunde. Er sagte: Gleich ran, gleich ran!
Hanitzsch hat uns beide also zusammengebracht, wir trafen uns in der Lach- und Schießgesellschaft, wir tasteten uns gegenseitig ab, und dann entstand das Buch: WAS BLEIBT MIR ÜBRIG?
Das war 1986 und der Beginn einer langjährigen und guten Zusammenarbeit. Und dann einer Freundschaft.

 

 
Jetzt haben Sie das Buch DIETER HILDEBRANDT WAS ABER BLEIBT?

TEXTE AUS FÜNF JAHRZEHNTEN, erschienen im BLESSING VERLAG, als Herausgeber und Lektor betreut. Wenn Sie die Materialfülle der Texte von Dieter Hildebrandt vor Augen haben, wie geht man da vor?

 


Ich kannte die Vorlieben von Dieter Hildebrandt und welche Texte er besonders gerngehabt hat. Auch in der Rückschau. Und welche Nummern von seinen Kollegen geschätzt wurden und welche immer mal wieder aufgeführt oder gesendet worden sind. Die Frage war: Welche Texte haben Bestand? 21 Programme Lach- und Schießgesellschaft, Material aus NOTIZEN AUS DER PROVINZ, alle Scheibenwischer-Texte und dazwischen die ganzen Reden, die er gehalten hat. Ich habe alles gesammelt, studiert, gelesen. Ich habe drei prall gefüllte Leitz-Ordner gehabt. Dann habe ich nicht die Spreu vom Weizen, sondern den Weizen vom Weizen getrennt. Und dann musste ich eineinhalb Leitzordner weggeben, weil es einfach zu viel geworden wäre. Ich habe ausgesucht, was mir und seinen Kollegen gefallen hat. Das Buch hat 540 Seiten, ich könnte noch zwei Bücher füllen.

 

 
Mussten die Texte buch-fähig lektoriert werden? Es handelte sich ja um verschiedene Medien und unterschiedliche Textformen. Musste da geglättet werden, damit es lesbarer wird?

 


Das habe ich nur in den seltensten Fällen gemacht. Weil ich gesagt habe, wer Hildebrandt-Texte lesen möchte, der hat seine Stimme im Ohr. Man hört ihn beim Lesen. Ich habe so gut wie nicht eingegriffen in die Struktur der Texte, hie und da habe ich jedoch gekürzt, ab und zu geglättet, manche Namen weggelassen, die heute kein Mensch mehr kennt. Die Texte, so wie sie jetzt im Buch stehen, sind die von Hildebrandt geschriebenen.

 

 

Es sind im Buch auch Stimmen zu Dieter Hildebrandt abgedruckt, Kabarett-Kollegen.

 


Das rundet ab, komplettiert das Bild, das man von ihm hat. Da gibt es Kollegen, die sehr gut, sehr präzise und einfühlsam freundschaftlich schreiben und dabei auch kritisch zu ihm sind und zu seinen Arbeiten Stellung bezogen haben. 

 


Worin lag die Größe des Kabarettisten, Autors und Schauspielers Dieter Hildebrandt? Kann man das auf einen Nenner bringen?

 


Schwierig. Er hat zuerst einmal sehr viel gewusst. Viel gelesen, um sich ständig weiterzubilden. Er war selbstkritisch. Er war aufmerksam, wenn man ihm etwas gesagt hat. Er war neugierig! Sicher der neugierigste Mensch, den ich je kennengelernt habe. 

 

 


Und er hat Generationen geprägt und Generationen der Kabarettisten gleich mit.

 


Ja, die Jungen haben am Anfang versucht, ihn zu kopieren, was meistens danebenging. Sie haben sich alle mehr oder weniger an ihm orientiert.

 

 
Seine Geschichten sind auch ein Stück Geschichte dieser Bundesrepublik.

 


Ja, das ist auch ein Geschichtsbuch besonderer Art, weil er die Vorgänge, die Politiker, die Parteiprogramme, sehr kritisch begleitet hat. Er lässt auch niemanden aus. Es gibt sehr viele Politiker, die ihn sehr geärgert haben, das hat er dann immer sehr deutlich geschrieben. Aber es gab auch welche, die er sehr sympathisch und deren Wirken er besonders förderungswürdig fand, über die er dann weniger geschrieben hat. Über Bahr und Hans-Jochen Vogel hat er sehr warm geschrieben, Franz Josef Strauß war für ihn ein Exotikum. 

 


Dieter Hildebrandt hat oft spontan und sofort reagiert auf Presse, auf Publikumsreaktionen, auf Alltäglichkeiten, auf Aktualitäten, im politischen Geschäft. Wie viel ist Spontaneität und wie viel ist profundes Erarbeiten eines Kabarett-Textes für die Bühne?

 


Er hatte Versatzstücke im Kopf, mit denen er wunderbar jonglieren konnte. Wenn eine Frage kam, die einen Punkt streifte, dann hat er Schublade 17 herausgezogen und die Dinge verknüpft, das kam dann spontan rüber, obgleich es ein Text war, der schon fünf Jahre alt war. Bei ihm war beides möglich. Er konnte aus dem Stehgreif sagenhafte Sachen machen, man konnte mit ihm herrlich blödeln, er war wunderbar schlagfertig. 

 

 

Die Kabarettszene heute? Welches Urteil würden Sie treffen?

 

 

Kabarettszene und Comedians sind ja zwei sehr verschiedene Bereiche. 
Mit den Comedians habe ich mich nicht beschäftigt. Einige sind brillant, es ist nicht meine Welt. Für mich ist das politische Kabarett maßgebend, beispielsweise Dieters Duo mit Werner Schneyder, die Kabarettform, die Georg Schramm entwickelt hat, der ein Lieblingsschüler von Dieter Hildebrandt war, Pispers und solche Leute, die waren mir immer näher. Dieter Nuhr ist ein brillanter Kopf, er beherrscht die deutsche Sprache hervorragend, ich finde, er könnte, wenn er sich anstrengte, schärfer zur Sache kommen. Er ist Comedian. Toll, wie er es macht, aber es ist nicht meine Welt. 

 


Es gibt keine

lebendigere Leiche als das Kabarett, wie sieht die Zukunft für das Kabarett aus?

 


Leider kann ich nicht in die Zukunft blicken. Das Kabarett der alten Form wird sich nicht mehr lange halten, es wird aber weiterleben, indem Elemente der Comedy aufgenommen und verarbeitet werden. Es gibt eine Reihe von jungen Leuten, die schon sehr präzise sind und bissig und wortgewaltig. Das Kabarett wird also weiter lebendig bleiben. 

Werner Schneyder GESPRÄCH UNTER ZWEI AUGEN 

Da stehen die beiden auf der Mini-Bühne in der „Lach- und Schieß“ im Münchner Stadtteil Schwabing, Mitte der 1970er Jahre und sie proben ihr Duett, es erklingt der Walzer „Duwiduduwiduwi“ im Dreivierteltakt. Es ist der Beginn einer wunderbaren auch gesanglichen Zusammenarbeit zwischen Dieter Hildebrandt, dem scharfkantigen Satiriker aus Schlesien und dem eleganten Scharfzüngler aus Graz.  Zwei politische Nervensägen proben den neuen Kabarett-Aufstand, nachdem das alte Kabarettensemble das Zeitliche gesegnet hat. 
Ich darf als junger Reporter bei den Proben dabei sein und bin begeistert über den Jahrhundertsong: Gute Nacht, Herr Tucholsky. 
Nach seinen „12 Leben“ legt Werner Schneyder nun vor seinem 80.Geburtstag im Januar sein Buch „Gespräch unter zwei Augen vor“. Das Bekenntnis-Buch ist Selbstgespräch, Monolog zum Selbst-Dialog geformt, eine Auto-nicht immun-Beichte mit Selbsterkenntnis-Drang, ein unter zwei Augen, hinter denen nur ein einziges Hirn über einen DIALOG nachdenkt. 


Schneyder ist „multi“: Denker und Dichter, Dramaturg und Reporter, Texter und Sänger, ein Vielfachtalent mit Allround-Fähigkeiten, die in Deutschland und in Österreich ebenso schwer verdächtig machen, denn solche Menschen kann man so schlecht einordnen. Das schadet mitunter den Karrieren, von denen Schneyder viele gemacht hat, die aber nicht immer so geradlinig verlaufen, aber eben darum interessant sind. 

Mit Hildebrandt hatte er nie Streit, allerdings nur solange sie ein Duo waren, später trennen sich ihre Wege, als Schneyder im Scheibenwischer als „Duo mit Dieter“ vorgesehen war, aber rausgekickt wurde, denn Duos waren plötzlich nicht mehr vorgesehen: Hildebrandt wollte Solos, Schneyder steigt aus. Hildebrandt, er war sein „Lebensmensch“.
Blicken wir auf das tapfere Schneyderlein. Ja, die Frustrationen „Student der Zeitungswissenschaft“ zu sein, weil er seinen Professor nie zu Gesicht bekommt, kann der Autor dieser Rezension nachempfinden, ihm ging es genauso. 


In den einzelnen Kapiteln beschäftigt sich Schneyder mit den Themen Depression, Tormann sein, Oper, Kabarett, Sport, Schach, Essen und Trinken und viel, viel mehr, natürlich auch mit den Themen Leben und Tod. Am Ende stellt sich für den Doktor der Philosophie die Frage: alles nur Illusion! Vermutlich ja, doch es beginnt durchaus ganz real. Schneyder startet als Reporter, er wird dann Werbetexter: „Das war der Tiefpunkt“, er wechselt als Chefdisponent zum Theater, übernimmt Funkregie, kann Lieder übersetzen, selbst Songs schreiben, Drehbücher entwerfen, doch schon als Tormann wird ihm klar: „Er hätte nur hochgreifen müssen.“ Das Runde geht leider ins Eckige, Fußball bleibt seine Leidenschaft und Boxen auch, später hilft ihm diese Leidenschaft als Moderator im SPORTSTUDIO. Das „Hochgreifen“ wird zum Lebensmotto, was ihm als Torwart auf dem Fußballfeld nicht gelingt, genügend hochzusteigen, schafft er auf den vielen Lebens- und Arbeitsstufen dann künftig. Es ist der Weg eines hochgreifend Erfolgreichen, aber manchmal auch Gescheiterten, eben eines Genies mit und ohne Wahnsinn.


Wir erfahren, dass Sammy Drechsel sauer ist, wenn Schneyder die Tore macht, dass der Operntenor Domingo sich das Mieder schnürt, um auf dem Platz seinen Ball-Bauch zu verstecken. Schneyder bekennt, er singe gerne, weil es beim Singen eben um Erotik gehe, dennoch ist sein Befund, so oder so, die Oper ist tot. Er hat Erfolge und Misserfolge am Theater. Am Burgtheater spielt er sein letztes Kabarettprogramm, aber der ORF überträgt es nicht. Das sind bleibende Wunden…
Schneyder kann auch austeilen, Comedians bringt er in die Nähe von Idiotie: „Comedians machen Witze damit die Leute lachen, Kabarettisten machen Witze, damit die Leute auf etwas draufkommen.“


Mit Dieter Hildebrandt bringt es Werner Schneyder auf fünf Programme in acht Jahren, alle live übertragen, ich war bei Proben und Premieren dabei, es war der Gipfel deutscher Satire zu jener Zeit und nie wieder erreicht. 
Den Schriftsteller Thomas Bernhard verdammte er in Grund und Boden, auch die Jelinek mag er nicht. Für ihn ist Resignation im Leben verboten, auf der Bühne macht sie sich dagegen gut. 
Und das Politische, Herr Schneyder? Die Linkspartei muss im Parlament vertreten sein wegen der „politischen Hygiene“. Schneyder ist der pragmatische Pazifist. Er mahnt: Gott schütze uns vor Gottesstaaten, und er predigt über seinen Weinkonsum und seine Wasserbedürfnisse. Er formuliert mit großer Schreiblust in eine unglaubliche Bandbreite und Vielfalt hinein.


Man müsse mit dem Sterben früh beginnen, damit man etwas davon hat. Darauf muss man erst einmal kommen. 
Dass der Mensch auch Täuschungen unterliegt steht am Schluss des Buches. Der Schlusssatz lautet: Ich kann mich erinnern. In diesem Satz liegt Gewissheit und Zweifel zugleich. Schneyder kann Zweifel sähen und Demaskierung ernten. 


Fazit: Faszinierend.

Gespräch über Politik - unter zwei Augen

Reden wir über Politik.

 

Muss das sein?

 

Ja.

 

Ich habe alles schon oft gesagt.

 

Das darf kein Grund sein, das Maul zu halten. Du hast einmal gesagt, Resignation ist eine Allüre auf der Bühne, um die Leute zu provozieren. Im eigenen Leben ist sie verboten.

 

Man sagt viel. – Die Rechten sind im Vormarsch.

 

Wundert dich das?

 

Es macht mich wütend.

 

Du sollst weniger Wut auf die Rechten haben, als auf die Politik, die sie geradezu erzwingt.

 

Das stimmt. Vor allem auf sozialdemokratische Parteien, die den Rechten die Chance geben, zu Arbeiterparteien, zu Parteien der Benachteiligten zu werden …

 

… auf Kapitalismusparteien, die die warnenden Stimmen aus eigenen Reihen überhören, die da dringend raten, rechtzeitig anders zu teilen …

 

… und auf Großmächte, die schonungslos Ersatzkriege führen lassen und Flüchtlingsströme erzeugen, von denen sie selbst keinen der armen Teufel in ihr Land lassen.

 

Und auf die Deutschen, die sich an den Kriegen nur durch Waffenverkauf beteiligen. Die müssen dafür, dass sie aus schlechtem Gewissen Flüchtlinge aufnehmen, zusehen, wie die Rechte erstarkt.

 

Und terrorisiert.

 

Und Linksintellektuelle halten die Debatten für sinnreich, ob alle Rechten Nazis sind oder ob die Rechtsparteien nur die Nazis aufsaugen…

 

… werfen einander vor, die »Nazikeule« entweder zu schwingen oder nicht hinreichend zu schwingen…

 

… weigern sich, Parteimitglieder und verwirrte Wähler zu unterscheiden…

 

… kurz: tragen nichts zur Entwirrung bei.

 

Bitte, versuch’s du.

 

Als die Flüchtlinge kamen, sagte die deutsche Kanzlerin: »Wir schaffen das.« Sie präzisierte nicht »was«. Welche Zahl in welchen Zeiträumen. Und die Linksromantiker riefen die Grenzenlosigkeit

aus.

 

Dann gab’s auch prominente Gegenstimmen, und danach waren sie, was sie immer sind, zerstritten. Bös aufeinander.

 

Wie denn nicht? Die einen wollen gute Menschen sein, und die anderen sagen, wir tun der Welt nichts Gutes, wenn wir Nazis züchten.

 

Ein Dilemma. Kennst du dich aus?

 

Nein. Aber ich habe versucht, für mich einmal zu klären, was das ist, eine Grenze.

 

Was ist eine Grenze?

 

Die logische Fortsetzung der Haustür.

 

Was hat eine Haustür mit einer Staatsgrenze zu tun?

 

Alles, wenn man sich erst einmal klargemacht hat, was ein Staat ist.

 

Also, was ist ein Staat?

 

Fangen wir mit Volk an. Was ist ein Volk? Eine Ansammlung von

 

Haushalten. Zellen sozusagen.

 

Diesmal nicht im wirtschaftskriminellen Sinn.

 

Nein. Im Sinne von Organismus. Haushalte von Familien, Lebensgemeinschaften jeglicher Art und Singles. Alle diese Zellenbesitzer oder -mieter verriegeln ihre Tür.

 

Es gibt Weltgegenden, wo es gar keine Türen gibt, geschweige denn Riegel.

 

Ich rede von uns. Wenn bei uns einer klopft oder läutet, machen wir auf.

 

Außer wir schauen durch das Guckloch und verzichten auf nähere Bekanntschaft.

 

Lass mich doch bitte systematisch bleiben. Wenn es eine notleidende Person ist, die sammelt, lassen wir uns den Ausweis zeigen …

 

Du meinst, wenn es eine Person ist, die für angeblich Notleidende sammelt.

 

Da kann man was spenden.

 

Du hast doch mehrfach gesagt, dass du grundsätzlich nicht spendest. Du sagst, deshalb zahlst du Steuern, damit in deinem Land keiner Not leiden muss.

 

Ich rede jetzt von Hilfsorganisationen. Da habe ich selbstverständlich gespendet.

GESPRÄCH UNTER ZWEI AUGEN - Dialog eines Lebens, 272 Seiten Verlag Amalthea-Signum

MM - Mittermeiers Memoiren

„Fang nie an aufzuhören und hör nie auf anzufangen“, spricht CICERO durch Michael Mittermeier, denn dieser Satz steht am Ende seine Buches im Kapitel EPILOG. Ja „the bavarian comedian“ wurde 50 Jahre, und da ist es an der Zeit eine Art Memoirenbuch zu schreiben. „Die Welt für Anfänger heißt es“ und bei Kiepenheuer und Witsch ist es erschienen. Mit den Worten „…ich muss nochmal kurz…“ und „…so jetzt hab ich’s aber gleich…“ auf Seite 2 bekennt sich der Comedian als chronischer Zuspätkommer. Ja, zwischen den Zeilen, den Events, den Auftritten erfahren wir viel Persönliches und viel Handwerk aus der Comedian-Küche der Spaßmacher. Der Humor ist globaler geworden, und Mittermeier testet das aus, in der Schweiz und Österreich und auch im englischsprachigen Raum.

 

Sein Karrieretrip: Vom Reiseverkehrskaufmann zum Comedian, nachdem Bono bei einem Auftritt einen Aushilfsgitarissten suchte, Mittermeier eingesprungen ist und seitdem auf der Bühne steht als AUSDEMSTEHGREIFHERAUSHUMORVERBREITER.  

 

Mittermeier startete als junger Wilder. Er tobte über die Bühne, war heftig, ab und an auch mal politisch. Heute hat er Konkurrenz, aber viele können ihm nicht das Wasser reichen. Ob Kakerlaken-Stories aus Hotels, BONO-Kontakte, Erfahrungen mit der alten Tante BBC im Schwarzweiß-Vorurteils-Interview gegen Deutsche, ob Frühkindliches oder Spätpubertäres, Grundsätzliches oder Pointenreiches, ob Zugespitztes oder Abgeflachtes, Mittermeier trifft immer ins volle Menschenleben und trifft sein Leben. Witzig formuliert und bayrisch bodenständig.

 

Michael Mittermeier, geboren 1966, hat mit seinen Soloprogrammen »Zapped«, »Back to Life«, »Paranoid«, »Safari«, »Achtung Baby!«, »Blackout« und »Wild« Millionen Zuschauer in Deutschland, Österreich und der Schweiz begeistert. Seit vielen Jahren spielt er seine englisch-sprachigen Programme erfolgreich in Großbritannien, Südafrika, Kanada, USA, Russland und vielen anderen Ländern. Für seine Auftritte wurde er mit unzähligen Preisen ausgezeichnet, sechsmal erhielt er allein den Deutschen Comedypreis. 

Busses Lebenskomödie

Titel Jochen Busse Wo wir gerade von belegten Brötchen reden. Die Komödie meines Lebens Ullstein

 

Autor Jochen Busse, 1941 geboren in Iserlohn, ist deutscher Schauspieler, Kabarettist und Drehbuchautor. Drei Jahre war er im Düsseldorfer Kom(m)ödchen aktiv, von 1976 bis 1991 gehörte er zum Ensemble und Autorenteam der Münchner Lach- und Schießgesellschaft. Ab Ende der 60er Jahre übernahm Busse auch Rollen in Film- und Fernsehproduktionen. Er wurde u.a. mit dem Bambi, dem Deutschen Kleinkunstpreis sowie zwei Mal mit dem Deutschen Comedypreis ausgezeichnet.

 

Gestaltung Hardcover, Intro, elf Kapitel, Epilog, Abbildungsübersicht, Fotoserie auf der Buch-Innenseite, Register,  296 Seiten

 

Cover Busses Kopfporträt

 

Zitat: „Meine Eltern wollten, dass ich Mittelmaß werde.“

 

Meinung  Die näselnde Stimme, der zusammengekniffene Mund, die etepetete-Attitüde, so kennen wir Jochen Busse als schauspielerisches und kabarettistisches Fernseh- und Bühnen-Multitalent, der seine Karriere auf drei Bausteinen aufgebaut hat: der Münchner Lach- und Schießgesellschaft, dem Kom(m)ödchen in Düsseldorf und der rtl-Comedysendung „7 Tage 7 Köpfe“. Sein Memoirenbuch ist eine breite Tour d’horizon durch die Bühnen-, Kabarett- und Fernsehlandschaft.

Busse ist glücklich und zufrieden mit den Ergebnissen seiner Karriere doch in seinem Innersten muss er zugeben: So selbstsicher wie ich wirke bin ich eigentlich gar nicht.

 

Wir lernen seine Kindheitserlebnisse kennen, steigen mit ihm als Bühnenschauspieler auf, lernen seine Film- und Fernsehkollegen kennen, auch mit seinen persönlichen Abneigungen werden wir bekannt gemacht. Busse nimmt kein Blatt vor den Mund, doch manchmal erfahren wir mehr über sein Umfeld als über ihn selbst. dass er in manchem Sexfilmchen der frühen Jahre mitgespielt hat, verschweigt er nicht. Die großen Figuren des Kabaretts wie Dieter Hildebrandt und Sammy Drechsel werden nochmals zum Leben erweckt, Busse macht uns mit seinen linken Einstellungen bekannt. Er erinnert uns an das Comedytalent Carrell, seine Kollegen, seine Frauen.

 

Sein Fazit am Schluss des Buches, die Leute können Busse nicht einordnen und er sich selber auch nicht. Diese Unsicherheiten spürt man da und dort im Text, wenn er sprunghaft wird. Doch Sprünge sind in einem Künstlerleben halt eben gang und gäbe und seien es nur Karrieresprünge und mancher Seitensprung (nicht ehebrecherisch gemeint) sagen wir also Sprung zur Seite muss oder kann eben sein. Ein leichter, vergnüglicher Lese-Spaß.

Wischmeyers Artgenossen

 

Titel Dietmar Wischmeyer. Achtung Artgenosse. Auf der Suche nach menschlichem Leben. Ullstein extra


Inhalt Satirische Texte. Wischmeyer will Personen, Ereignisse und Zustände verspotten


Gestaltung Hardcover, Klappenbroschur, 192 Seiten, kurzes Vorwort, witzige Bildgestaltung


Cover Bei Fotografen in Mode gekommen, nur die Hälfte eines Gesichtes zu zeigen. So auch auf diesem Cover


Zitat “FIFTY SHADES OF GREY – nur ein SPD-Ortsverein von oben betrachtet?“


Meinung  Wischmeyer liebt den knallharten Text, die ätzende Wortwahl, die Brutalo-Pointe und er trifft damit immer total ins Schwarze, wenngleich manches Analphasenwort zu häufig gewählt wird. Aber so ist das heutzutage. «Wischi“ redet eben kein WISCHIwaschi, kein DRUMHERUM, er habe zur Sicherheit „soeben die Wörter ‚Arsch‘ und ‚scheißen‘ kunstvoll in den Text eingewoben.“ Der Bucheinstieg ist ein Text über den Kommunikationswahnsinn mit dem ONLINE-SUPPORT, für Wischmeyer außerirdische Kommunikation. Wischmeyer greift Sprach-Verballhornung auf, zum Beispiel „Wildtiermanagement.“ Lästert über Lokuslyrik, spießt die Handyfotomanie auf, zieht die Hochkultur runter in den Orchestergraben, warnt vor der Styroportverschmutzung des Globus, philosophiert über „eingesperrte“ Steine und den Vertikalschotterkunden, spießt das Plätzchenbacken zu Weihnachten auf als Ausgeburt der Backpulverlobby. Der Vornamen-Wahn mancher Eltern („Schackelines“ und „Ildiko“) ist ihm genauso ein Glossenthema wert wie die Szene vor der Bratwurstbude. Leider vergisst er zu erwähnen, dass in vielen Tatortkrimis die Currywurstbude eine tragende Hauptrolle spielt. Ob Joghurtbrot oder Lemonpils, Flipchartwahn und Naturfilmer-Fernsehen, der politische Aschermittwoch als „Keraus des Verstandes“  die Precht-und Sloterdijkisierung der Zukunft, Wischmeyer liebt die Banalisierung des Blöden und findet immer das richtige Wort, den treffenden Satz, die sprühende Pointe dafür. Beispiel: „Mao ist kein Fruchtgummi.“ Wo er recht hat, hat er recht

Pointen, Gags, Lacher, Fun: ZIPPERT

Hans Zippert Würden Sie an einer Tortengrafik teilnehmen? 199 Fragen und 197 Antworten zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für das Leben in Deutschland. Edition Tiamat

 

Hans Zippert ist Kolumnist und ein begnadeter Pointenformulierer, nicht nur, dass er die unsinnigsten Dinge des Alltags, des politischen und gesellschaftlichen Lebens aufgreift, nein er entdeckt auch den alltäglichen Wahnsinn unserer Tage. Zum Beispiel: Warum gehen Elektrogeräte so schnell kaputt? Weil die Garantiezeit auf neunzig Minuten gesenkt werden soll…

Zippert beklagt mit Verlustangst: Discman, Kassettenrekorder, Vierspurtonband, Diaprojektor und VHS-Recorder, ja sogar die quietschende Melodica verschwinden vom Erdball. Sollen wir es bedauern? Ja!

 

Zippert zappert sich durch das Weltall und die Erde. Er philosophiert über die Länge des Penis und wie viele Bücher man über von der Leyen haben muss. Er stellt die Frage: Wie kann man Idiotie messen? Er lässt Wölfe bei der Pegida-Demo auftauchen, stellt seinen Lesern die Frage, ob sie an einer Tortengrafik teilnehmen wollen. Oder: Haben Bibliophile Sex mit Büchern?

Zippert schaut in die FIFA-Zukunft und schlägt beim Fußball-Videobeweis Sponsoren vor, etwa Saitenbacher Müsli…

Wir lernen: Deutschland ist immer noch geteilt: in ALDI Nord und ALDI Süd.

 

Er beschäftigt sich mit der Grundfrage: Ist Luxemburg ein Schurkenstaat?

Diese Frage ist wirklich berechtigt: Wie groß ist der Anteil von Gehörlosen unter Volksmusikern? Oder auch: Ist der Bus die neue Bahn? Diese Textsammlung ist ein großer Spaß mit hohem FUN-Faktor! Flott formuliert. Einfallsreich komponiert!

 

Und am Ende steht ein Offener Brief an AMAZON-Erfinder Jeff Bezos. Im AMAZON-Ranking landet Zippert nur auf Platz 75.193. Soll er nun seine Bücher selbst kaufen, um das Ranking zu verbessern? Nein die Lösung und sein Vorschlag sind: AMAZON verkauft keine Bücher mehr und macht künftig keine unsinnigen Rankings mehr, sondern verkauft Lafers Käsereiben. Jawohl! Ja!

In memoriam Dieter Hildebrandt

 

Dieter Hildebrandt - Letzte ZugabeRoger Willemsen, der eine ergreifende, heitere, mitreißende Totenrede bei der Beerdigung des geliebten und verehrten Dieter Hildebrandt hielt, schrieb ein lebendiges, einfühlsames Nachwort. Hildebrandts langjähriger Freund Dieter Hanitzsch begleitet die Texte mit seinen pointierten Zeichnungen.

 

Dieter Hildebrandt, geboren 1927 in Bunzlau, Niederschlesien, studierte in München Theaterwissenschaften. Zusammen mit Sammy Drechsel gründete er die Münchner Lach- und Schießgesellschaft, deren Ensemble er bis 1972 angehörte. Von 1974 bis 1982 arbeitete er mit dem Kabarettisten Werner Schneyder zusammen. Seine TV-Serien Notizen aus der Provinz undScheibenwischer wurden große Erfolge. Berühmtheit erlangte er auch durch seine Rollen in Kinoproduktionen wie Kir Royal undKehraus. Hildebrandt erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Grimme-Preis in Gold, Silber und Bronze. Viele erfolgreiche Bücher, darunter Vater unser – gleich nach der Werbung, Ausgebucht. Mit dem Bühnenbild im Koffer und als letztes Nie wieder achtzig!. Bis zu seinem Tod am 20. November 2013 lebte Dieter Hildebrandt mit seiner zweiten Frau, der Kabarettistin Renate Küster, in München.

 

Dieter Hildebrandt

LETZTE ZUGABE

Mit Zeichnungen von Dieter Hanitzsch und einem Nachwort von Roger Willemsen

ca. 220 Seiten

Geb.,  € 19,99 [D] | € 20,60 [A] | CHF 28,50* (* empf. VK-Preis)

ISBN 978-3-89667-537-8

 

 

Dieter Hildebrandt in Letzte Zugabe:

»Eine positive Entwicklung ist festzustellen, wenn ein Korinthenkacker plötzlich Rosinen scheißt.«

»Bayern sind harte Typen. Und selbstbewusst. Andere Menschen kommen mit dem Dativ aus. Bayern brauchen zwei. Sie schlagen sich auf die Brust und brüllen: „Mir san mir!“«

»Fußballtrainer entwickeln aus ihrer Tätigkeit immer mehr philosophische Hintergründe. Labbadia: „Mein Credo ist, dass die Metaphysik oder Standardsituation die Philosophie meiner Spielanalyse in großem Ausmaß beeinflusst und damit auch die Architektur meines Systems ...“

Jetzt ist mir klar, warum Fußballtrainer schon nach einer Saison wieder gefeuert werden. Länger hält das auch 

 

Kritik

 

Titel Dieter Hildebrandt Letzte Zugabe Blessing

 

Inhalt   271 Seiten als letztes Vermächtnis des großen deutschen Kabarettisten: Dieter Hildebrandt, der am 20. November verstarb. Seine Texte wurden von dem Münchner Lektor Rolf Cyriax zusammengestellt, der mit ihm alle zuvor erschienen erfolgreichen Bücher im Blessing-Verlag erarbeitet hat. Hilderbrandt hatte selbst beim Verlag angefragt, ob dieser sein l e t z t e s Buch veröffentlichen wolle. In der letzten Phase wurde der Kabarettist immer schwächer, das Schreiben fiel ihm schwerer – wie der Lektor uns wissen lässt – und so erlebte er den jetzigen Erscheinungstermin nicht mehr.

 

Autor   Dieter Hildebrandt wurde 1927 in Niederschlesien in dem Ort Bunzlau geboren. Nach seinen Münchner theaterwissenschaftlichen Studien gründete er mit Sammy Drechsel die legendäre Münchner Lach-und Schießgesellschaft. Unvergesslich die gemeinsamen Auftritte mit Werner Schneyder. Seine TV-Sendungen Notizen aus der Provinz und Scheibenwischer sind erfolgreiche Fernsehgeschichte der Bundesrepublik. In Kir Royal und Kehraus mit Gerhard Polt wirkte Hildebrandt auch als Schauspieler. Alle seine Bücher wie Nie wieder achtzig oder Ausgebucht waren große Verkaufserfolge. Drei Grimme-Preise in Gold, Silber und Bronze ehrten den immer politik-und gesellschaftskritisch eingestellten Kabarettisten, dem die Gabe gegeben war, Menschen auch zu unterhalten und der in der Lage war, mit wenigen Worten und Sätzen alles zu sagen. Hildebrandt - ein Aufklärer.

 

Cover   Dieter Hildebrandt, am Tisch im Scheinwerfer-Licht sitzend, liest aus seinem Buch

 

Gestaltung   Kurzes Vorwort des Lektors Rolf Cyriax, Reden, Texte, Gedankensplitter, Szenen Erinnerungen von Dieter Hildebrandt und ein Nachwort von Roger Willemsen – Zeichnungen von Dieter Hanitzsch

 

Zitat aus dem Buch    „Eigentlich möchte ich ein Engel sein, der sich im Nebel verfliegt."

 

Meinung   Hildebrandt war ein Zeitenerklärer und Geschichtenerzähler, ein scharfer Satiriker und scharfzüngiger Kabarettist, ein Formulierungs-Gott und Pointenfetischist, Kalauer-Freund und ewigjunger nie-alternder Heiterkeitsverbreiter, ein Minderheitenschützer und Mehrheits-Skeptiker, Demokratiefreund und Fussballfanatiker, Gedanken-Leser und Gedanken-Schreiber, Wortakrobat, eine Rampensau trotz bescheidener Schüchternheits-Attitüde. Er war mutig, aufrecht, unerschrocken, unbestechlich, treffsicher, kämpferisch, engagiert und alle diese Definitionen eines einmaligen Menschen finden sich in Textbeispielen in dem Buch wieder. „Neuerdings bremse ich auch für BILD“ leitet Hildebrandt einen journalismuskritischen Text ein. Oder „Die Wulffs...wer von beiden war eigentlich Bundespräsident?“ Oder: “Große Koalitionen sind nicht dazu da, nun endlich die großen Probleme zu lösen, sondern vier Jahre lang um sie herumzukommen.“ Hildebrandt – ein Welt-Erklärer mit Wortwitz. Allen Buchbeteiligten ist es gelungen, ein facettenreiches Panoramabild von Dieter Hildebrandt zu zeichnen und als Leser und langjähriger Zuschauer seiner Programme müsste man nun aufstehen und so lange klatschen nach der letzten Zugabe bis Dieter Hildebrandt dann nochmals auf die Bühne kommt und eine allerletzte Zugabe oder Pointe zum wirklichen und endenden AB-Schluss zu bringen. Dies wird leider nicht mehr geschehen und so klatschen wir still in uns hinein...

 

Leser   Kabarett-Kollegen, Comedians, Texteschreiber, Funk-und Fernsehredakteure, Ossis wie Wessis, Mediennutzer, Facebookfans, Angepasste und Kritische, Zeitgenossen und Heutige, alle Politikerinnen- und Politiker sowie alle Wählerinnen und Wähler.

  

Verlag Blessing

 

Wie es zu diesem Buch kam

 

Im Frühjahr 2013 rief Dieter Hildebrandt mich an und fragte, ob der Verlag vielleicht an einem Buch von ihm, seinem letzten, interessiert sei. Ich sagte nur, das sei eine erstaunliche Frage. Schließlich kam sein erstes Buch Was bleibt mir übrig 1986 bei Kindler heraus, dessen Chef Karl Blessing war.

Und alle folgenden Werke erschienen im Karl Blessing Verlag. Ich fügte hinzu, dass Blessing, der ihm bis zu seinem Tod ein guter Freund gewesen war, darüber entzückt gewesen wäre. Auch ich, der ich ihn, den bewunderten Autor, seit damals als Lektor begleitet habe, würde mich sehr freuen, dieses Buch mit ihm zu machen. So würde sich der Kreis aufs Schönste schließen. Nach unserem munteren Gespräch rief Hildebrandt seinen langjährigen Freund Dieter Hanitzsch an – in Zeiten des gemeinsamen Projekts störsender tv nannten sie sich Hadi und Hidi -, und dieser zeichnete einen Coverentwurf zum damals vorgesehenen Titel Kommen Sie zum Schluss, Hildebrandt! , und Hidi begann zu schreiben. In der Mitte des Jahres wurde er zunehmend schwächer, das Schreiben fiel ihm schwerer, er blieb aber voller Enthusiasmus, voller Pläne. Am 20. November 2013 starb Dieter Hildebrandt. In mehreren Ordnern fand ich neben seinen Skizzen für dieses Buch Texte aus den Jahren 2011 und 2012, die uns noch einmal den Witz, den Geist, die Ernsthaftigkeit, das Spielerische wie Politisch-Kämpferische dieses bedeutendsten deutschen Satirikers der letzten 50 Jahre zeigen. Und für Roger Willemsen, Dieter Hildebrandts letzten Bühnenpartner, ihr grandioses, umjubeltes Programm hieß: Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort! Die Weltgeschichte der Lüge, war es ein Herzensanliegen, ein Nachwort zu schreiben. So haben wir drei uns zusammengefunden, die Erinnerung an unseren Freund wach und lebendig zu halten.

Rolf Cyriax
München, im Januar 2014

 

Politiker-Märchen

Deutschland einig Flunkerland

 

Dieter Hildebrandt hat anlässlich des 60-jährigen Jubiläums der Bundesrepublik Deutschland die schönsten Politiker-Märchen ausgesucht und originale Tonaufnahmen kommentiert. Witziger und böser könnte eine Zeitreise nicht sein.

 

Ich mußte immer lachen

Blick zurück mit Witz

 
Ich mußte immer lachen

Ein Zeuge des Jahrhunderts erzählt sein Leben – ohne Nostalgie, ohne Pathos, nachdenklich und mit trockenem Humor. Aus Anlass seines 80. Geburtstages ermöglicht Dieter Hildebrandt den Lesern, persönliche Einblicke in sein Leben zu nehmen.

Nie wieder achtzig

Hildebrandt in Höchstform

 

Angriffslustig, nachdenklich und komisch! Hildebrandt kommt vom Hundertsten ins Tausendste, er verknüpft die Politik mit der Kunst, das Persönliche mit dem Nationalen. Er ist angriffslustig, wo es Not tut, nachdenklich, wo es angebracht ist, und komisch, wenn es ihm gefällt.

Dieter Hildebrandt über sein Buch

Dieter Hildebrandt wirft ein

Fußball-Geschichten

 

Fußball aus Sicht von Dieter Hildebrandt – amüsant und tiefsinnig. Bisher unbekannte Geschichten und Anekdoten aus dem Leben des großen deutschen Kabarettisten.

Ausgebucht

Frei und unformatiert

 
Ausgebucht

Dieter Hildebrandt auf Lesereise quer durch Deutschland. Seine Erlebnisse auf diesen Fahrten hat er aufgeschrieben, und seine Schilderungen gespickt mit satirischen Aperçus und politischen Betrachtungen über den Tag hinaus. Sie zeigen den großen Kabarettisten erneut als kritischen und witzigen Erzähler.

Vater unser - gleich nach der Werbung

Der ganz banale Fernseh-Alltag

 

Was sich in unseren Fernsehprogrammen in der Kategorie "neue Formate" abspielt, ist für Dieter Hildebrandt alles von derselben Belanglosigkeit.
In diesem Buch rechnet er ab mit der neuen Spaßkultur, und jeder bekommt sein Fett weg.

Gedächtnis auf Rädern

Erinnerungen

 

Dieter Hildebrandt gramt in seinem Gedächtnis und behauptet, "Mein Erinnerungsvermögen lässt nach und nach immer mehr nach." Man müsse nur "glaubwürdig alt genug sein", um die Vergangenheit in ein völlig neues Licht zu tauchen. "Diese Vorbedingung erfülle ich."

 

 

Alle Bücher sind im Blessing-<Verlag erschienen
http://www.randomhouse.de/SPECIAL_zu_Dieter_Hildebrandt/aid8572.rhd 

Originalaufnahmen aus der Münchner Lach-und Schießgesellschaft 1981

Hildebrandtschneidekrise(1).mp3
MP3-Audiodatei [2.3 MB]
Hildebrandt-Themen(1).mp3
MP3-Audiodatei [682.2 KB]
Kämpferischersein.mp3
MP3-Audiodatei [326.9 KB]
Lach-und Schießopener(1).mp3
MP3-Audiodatei [1.7 MB]
Nazis.mp3
MP3-Audiodatei [1.7 MB]