Eine Heimat für die Heimat: Edgar Reitz

Kritik

 

Titel Thomas Koebner Edgar Reitz. Chronist deutscher Sehnsucht. Eine Biographie. Reclam

 

Autor Thomas Koebner, Literaturwissenschaftler und Filmwissenschaftler, war 1973-83 Professor für Germanistik an der Universität Wuppertal, von 1983-89 Professor für Neuere deutsche Literatur und Medienwissenschaft in Marburg; 1989-1992 war er Direktor der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin, 1993 gründete er das Institut für Filmwissenschaft in Mainz und leitete es bis zu seiner Emeritierung 2007. Im Jahr 2010 erhielt er den Sonderpreis der Ökumenischen Jury der Berlinale für seine Leistungen im Bereich der Filmpublizistik. Er ist Autor und Herausgeber zahlreicher Bücher, Nachschlagewerke und Reihen des Filmbuchprogramms bei Reclam, namentlich der Filmklassiker, Filmregisseure, des Sachlexikons des Films und der Reihe Filmgenres. 2013 erschien seine Biographie Roman Polanski. Der Blick der Verfolgten.

 

Cover Porträtfoto von Edgar Reitz

 

Zitat aus dem Buch: „Aber unter der Oberfläche der Dinge bleibt immer etwas Rätselhaftes ungesagt.“

 

Inhalt In der Biographie über den Filmemacher Edgar Reitz beschreibt der Film- und Literaturwissenschaftler Thomas Koebner Werk und Leben des bedeutenden deutschen Filmemachers Edgar Reitz. Er schildert den Weg vom frühen Dokumentar- und Werbefilmer, der auch avantgardistischen Experimenten nicht abgeneigt, ist zu einem Chronisten der deutschen Heimat.

 

Gestaltung: Nach dem Vorwort und einer Einleitung unter der Überschrift „Annäherung“ strukturiert der Autor das Buch durch elf einzelne Kapitel und fügt das chronologische Werkverzeichnis, die Lebensdaten, Preise und Auszeichnungen sowie Literatur zur Auswahl an. Schwarzweiße Fotos im laufenden Text und in einem extra Bildteil farbig ergänzt.

 

Meinung

Drei Begriffe kombiniert Thomas Koebner in seiner Annäherung um Edgar Reitz näher zu beschreiben, er sei ein „Chronist deutscher Sehnsucht.“ Chronist, weil für Edgar Reitz Jahresbezüge, Jahreszahlen von Bedeutung sind, deutsch, weil er nicht der Typus des internationalen Filmemachers und Abenteurers darstellt wie etwa Herzog oder Wenders, und die Sehnsucht ist die Suche nach dem Glück hinter dem Horizont.

 

Schon auf Seite 14 fasst der Biograph das Faszinosum Edgar Reitz zusammen: der Zauber intimer Szenen und die Extase von turbulenten Festen, Momente inniger Rührung und leisen, jedoch unverkennbaren Spott über misslingende Rituale und lebenssüchtige Liebesspiele und todessüchtige Trauer, Anerkennung stummer Entsagung und selbst in der Satire Empathie mit den Geschwätzigen und ein Grimm auf die Profiteure der falschen Verhältnisse oder in ihrer Dogmatik verrannte Weltverbesserer.

 

Der Erzählkosmos ist ein System der Wegkreuzungen und Begegnungen, aufgeknüpft durch den Filmautor wie vor einem Webstuhl, und da Reitz der Sohn eines Uhrmachers ist, versteht er auch etwas vom Feingliedrigen, das ineinander greifen muss, um zu funktionieren. Reitz hat zunächst keine Filmerfolge, stürzt in eine Schaffenskrise, aus der ihm das Konzept für HEIMAT heraushilft. Nicht er dringt in die Weltgeschichte ein, ihn interessieren Provinzen, kleine Ortschaften, in die von  Fall zu Fall die Weltgeschichte dringt. Orte sind für Reitz aus der Kindheit imaginierte, die in märchenhafter Erinnerung geblieben sind.

 

Nach einem Beitrag für „Deutschland im Herbst“, dem „Schneider von Ulm“  gelingt Edgar Reitz mit der HEIMAT-Triologie (30 einzelne Spielfilme von 1984-2004) ein Monumentalwerk über Deutschland, das seinesgleichen sucht und in seiner Einmaligkeit fasziniert.  Dem Literatur- und Filmwissenschaftler Koebner merkt man die germanistischen und medienwissenschaftlichen Grundierungen seiner Biographie-Methode an. Und das ist positiv, gründlich lesenswert. Seine Leistungen im Bereich der Filmpublizistik sind herausragend und stützen seinen Erfahrungshorizont, um das Gesamtwerk von Edgar Reitz, das ein durchaus schwieriges ist, dem Leser insgesamt begreiflich zu machen.

 

Schade ist, dass am Ende kein eigentliches Schlusskapitel oder Fazit – eine Art Gesamtbeurteilung von Edgar Reitz – folgte, sondern nur „Statt eines Nachwortes“ einige Anmerkungen, der Leser vermisst das etwas, aber vielleicht war das ja geradezu Absicht des Autors den Vorhang vor einem „Happy End“ bereits fallen zu lassen, um einen offenen Ausgang zu markieren und auf eben jene (offen bleibende) Sehnsucht nach dem Glück aufmerksam zu machen und eben den Zusammenhang hinzuweisen, den Reitz anmerkt, dass unter der Oberfläche der Dinge eben doch etwas Rätselhaftes bleibt.

Leser Kritische Fernsehzuschauer, HEIMAT-Freunde, Filmbegeisterte, Festivalgeher, Grimme-Preisträger, Filmstudenten, die gesamte Produzentenriege und alle, die immer zur BAMBI-Verleihung oder GOLDENEN KAMERA pilgern – warum auch immer!

 

Rezensionen Die Biographie wurde von Thomas Koebner mit Neugier und Respekt geschrieben, sie ist „von begründeter Zuneigung geprägt“. Das ist bei einem Künstler wie Edgar Reitz gut zu verstehen.

bis 2006 Direktor des Filmmuseums Berlin

Der Regie-Diktator: Fritz Lang

Hier stellen wir Bücher vor, die sich mit dem Konkurrenzmedium Film beschäftigen.

 

Titel Norbert Grob FRITZ LANG. Die Biographie. Ich bin ein Augenmensch

 

Autor Norbert Grob, geboren 1949 in Frankfurt am Main, ist Professor für Mediendramaturgie und Filmwissenschaft in Mainz. Zahlreiche Buchpublikationen, Artikel und Filmkritiken u. a. für DIE ZEIT sowie filmische Essays für das WDR-Fernsehen. Fritz Lang und seine innovativen Vorstellungen von Kino zählen zu seinen Leidenschaften, der klassische Film und Stilepochen der Moderne zu seinen Forschungsschwerpunkten.

 

Cover Fritz Lang mit Gesichtsporträt und dem obligatorischen Monokel

 

Gestaltung 12 Kapitel, umfangreiche und detailbetonte, tiefgründig recherchierte Biographie mit Dank, Anmerkungen, Texten, Büchern, Aufsätzen, Interviews und Filmen zu Fritz Lang. Natürlich eine Filmographie, Personenregister und Bildnachweis

 

Zitat aus dem Buch: „Bei jeder Kunst, aber beim Film ganz besonders, gilt als oberstes Gesetz, dass man von einem Werk, von seiner Arbeit selbst aufs Innerste ergriffen und besessen sein muss.“  Fritz Lang, 1924

 

Inhalt Fritz Lang – ein klingender Name in der optischen Welt des Films. Ein Filmmythos als Regisseur, eine Regielegende, ein Mann der Moderne und als Gestalter ein Avantgardist, dessen Filmruhm endlich in einer umfangreichen Biographie zusammengefasst ist. Es hat allzu lange gedauert, bis dieses Werk vorlag.

 

Meinung  Der Einstieg ins Buch ist zugleich das Ende: die Rückkehr des emigrierten Fritz lang nach Deutschland. Der diktatorisch geltende Regisseur kehrte ins nach-diktatorische Deutschland zurück. In der Vorhitlerzeit war er als Schlafwandler durch den beginnenden Faschismus gewandert. In den USA begann er als Emigrant politischer zu denken und half Emigranten. Er ahnte auf dem filmischen Sektor Entwicklungen voraus. Politisch dachte er erst als Emigrant in den USA. Fritz Lang will der Rembrandt des Kinos werden, und in der Tat gelingt es ihm auch.

Und auch die Biographie von Norbert Grob hat als Buch eine Art kameragenaue, filmische Detailversessenheit so wie sie dem Werk Fritz Langs gerecht wird, denn er selbst war der Präzisionsfanatiker unter den deutschen Filmemachern: „Ich glaube, dass er (der Regisseur) ein Analytiker sein muss. Er muss auf der Haut des Schauspielers spazieren gehen. Er muss wissen, warum seine Darsteller das machen, was sie machen.“

 

Der zweite Punkt, der ihm besonders in Hollywood immer wichtiger wurde, war das Thema: »Ein Film muss heute kritisch sein.“ Fritz Lang dreht im Reich des Zauberhaften: „Erst das Licht modelliert den Raum und schafft Atmosphäre. Tief eingesetzte Scheinwerfer setzen drohende Akzente; matter Widerschein verleiht dem Gerümpel in einer Apotheke unheimlichen Glanz; flackernde Lichter in der Halle des Todes verbreiten ein Klima von Fatum und Vergänglichkeit.“

Ob Metropolis, Das Cabinet des Dr. Caligari, die Nibelungen Der Tiger von Eschnapur Das indische Grabmal Fritz Lang entwickelt sich auch in der Hollywood-Traumfabrik zu einem Filmgigant. Seine Arbeitsweise belegt dieses Zitat: „Der Vorgang des ‚Schaffens‘ ist ein sehr komplizierter Vorgang. Man hat eine Idee. Eine Vorstellung von etwas. Eine Inspiration. Aber diese Inspiration (oder Vorstellung oder Idee) ist irgendwie Traum-haft, ein Mittelding zwischen Realität und Ir-realität (...). Beinahe ‚schlafwandlerisch’“

 

Grob hat ein umfangreiches Quellenstudium betrieben, und es gelingt ihm einerseits die filmische Leidenschaft des Regisseurs, seine Arbeits- und Denkweisen und zugleich die Bedeutung seiner filmischen Werke einzufangen. Eine außerordentlich wichtige Biographie des Autors, in einem Land, das die Filmemacher immer schon nicht so ganz ernst genommen hat und erst recht nicht jene, die emigrieren mussten. Dieses Buch ist ein filmhistorisches äußerst gelungenes Werk, das nie besserwisserisch daherkommt, sondern sich einfühlsam der Person Fritz Langs nicht nur nähert, sondern sehr nahekommt. Zwar ist es sparsam bebildert, aber durch den Text, der nicht einer langweiligen Chronologie, sondern inneren Logik der Entwicklung Langs folgt, entsteht ein Bild von Lang, das dem Zitat völlig entspricht: „Kino ist kein zweites Leben – es ist mein eigentliches.“

 

Leser Besucher von Filmfestspielen, Filmstudenten, Fernsehredakteure, Filmhistorisch Interessierte, an Emigrationsthemen interessierte, Blockbuster-Geschädigte

 

Verlag: Propyläen

 

Pressestimmen  http://www.hhprinzler.de/filmbuecher/fritz-lang-die-biographie/

 

http://www.zeit.de/2014/53/fritz-lang-biografie-norbert-grob

 

http://www.rollingstone.de/reviews/bucher/article681195/tipp-norbert-grob-fritz-lang-ich-bin-ein-augenmensch.html

 

http://www.dw.de/fritz-lang-ich-bin-ein-augenmensch/a-18119817

 

Audio http://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/swr2-am-morgen/fritz-lang-biographie-ich-bin-ein-augenmensch-maler-mit-licht-und-schatten/-/id=660124/did=14441272/nid=660124/11911zb/index.html

Der blaue Engel: Marlene Dietrich-Biographie

Titel Alfred Polgar MARLENE. Bild einer berühmten Zeitgenossin. Zsolnay

 

Autor Alfred Polgar wurde 1873 in Wien geboren. Ab 1895 schrieb er für Wiener Zeitungen, ab 1905 war er Mitarbeiter der Berliner "Schaubühne". Seit 1925 lebte er überwiegend in Berlin, von wo er 1933 zuerst nach Prag und Wien, 1938 weiter nach Paris und 1940 nach Hollywood flüchtete. Er kehrte nach 1949 immer wieder für kurze Zeit nach Europa zurück. 1955 starb er in Zürich.

Ulrich Weinzierl wurde 1954 in Wien geboren, studierte Germanistik und berichtete zwischen Mitte der achtziger Jahre bis 2013 als Feuilletonkorrespondent zuerst für die Frankfurter Allgemeine Zeitung und seit 2000 für die Welt aus Wien. Gemeinsam mit Marcel Reich-Ranicki Herausgeber der Werke von Alfred Polgar. Bücher über Carl Seelig (1982), Alfred Polgar (1985, Neuausgabe 2005) und Arthur Schnitzler (1994).

 

Cover Das Gesicht der ewig jungen Marlene

 

Gestaltung Ein handliches kleines Buchformat, das zulässt Marlene in der Innentasche eines Mantels am Herzen zu tragen. Sehr schon bebildert, Zeichnungen von Marlene, Theater- und Filmszenen, Brief-Faksimiles, 160 Seiten.

 

Zitat aus dem Buch: „Ein Interview, das auf das Persönliche des Gegenübers abzielt ist ein Austausch von Verlegenheiten.“  .... „Von hundert Filmen sind neunundneunzig so erbärmlich dumm, roh, läppisch, ein so ekliger Brei aus Saccharin, Pomade, Kanthariden und elendem Deutsch, dass Sonne und Jupiterlicht sich schämen sollten, solchen Gräuel an den Tag gebracht zu haben.“

 

Inhalt Alfred Polgars zartes Personen-Porträt der Filmgröße Marlene Dietrich. Schon bevor die Dietrich zum Weltstar avancierte, zählte Alfred Polgar zu den Bewunderern Marlene Dietrichs. Sie freundeten sich an, und ehe Polgar 1938 vor den Nazis flüchten musste, schrieb er ein wunderbar anrührendes Porträt über die Diva, das ihre Eigenschaften und Eigenheiten einzigartig zum Ausdruck bringt.

 

Meinung Polgar spricht in seinem Marlene-Porträt von ihrer „seltsam fesselnden Schönheit“, in ihrem Gesicht „nur andeutendes Mienenspiel“ und der „umschleierte Klang einer mit Ton sparenden Stimme“, mit diesen kurzen Sätzen hat Polgar schon zutreffend beschrieben was das „marlenesque“ der Hollywood-Diva war. Marlene ist eine Frau mit schmerzlich süßem Lächeln, mit einer starken Intensität und Unbeteiligtheit zugleich.  Ihre Blicke,  ihre Miene, ihre  Haltung, ihre  Gebärde, ihr Ton und Tonfall der Stimme faszinieren den Autor so stark, dass er geradezu ins Schwärmen gerät. Bei Jens Peter Jacobsen, einem Schriftsteller, macht Polgar die Textanleihe: „Ihr Schritt flüstert von ihrer Seele“. Marlene Dietrich beschreibt Polgar als Diva mit Sex Appeal, jener geheimnisvollen Anziehungskraft und einer Wirkung, die  Unruhe, Sympathie und Neugier weckt. Bei Polgar ist die Dietrich Gottesgeschenk und Teufelsmesse zugleich. Er beschreibt ihr Gesicht als ein „ungewöhnliches“ Gesicht, das man immer wieder zum ersten Mal sieht. In ihrem deutschen Gesicht sind slawische Züge, liegt Strenges  und Zartes zugleich, sie strahlt Energie und Weichheit aus.

Ihre Stimme beschreibt der Kulturrezensent aus Wien als ein „tönender Spiegel der Persönlichkeit Marlenes.“ Eine unerlöste Stimme, die aus der Tiefe kommt,  mit sinnlichem Reiz. Polgar bewundert Marlenes vollkommene Beine, ihre grünen Augen, die ganze Person, die ganze Frau. Alfred Polgar, der die Dietrich lebenslang bewundert und irgendwie auch liebt, fragt die Dietrich im Interview: “Was ist Ihnen das Schlimmste?“ Die Dietrich antwortet: „Ungerechtigkeit!“ Beim Filmen braucht es Überzeugung und Persönlichkeit, mehr noch als Talent, heißt es in dem Buch, der Film sei ein Vamp, der unersättlich Geist und Blut und Nerven seiner Opfer frisst. Filmen heißt: Eine Arbeit, die Rausch verlangt und ebenso strengste Disziplin, Phantasie und vorbedachte Genauigkeit im Kleinsten und den zwängenden Schein der Mühelosigkeit.  Zwei prägende Ereignisse hält Polgar für Marlene fest: Die Geburt ihres Kindes und das Zusammentreffen mit ihrem Entdecker Josef von Sternberg („Geliebter“ und „Leibregisseur“). Marlene Dietrich liebt Hamsun, Rilke und Kästner. Polgar gerät  in die Zeit des Nazi-Terrors in Wien, Prag und Paris. Vor dem Reichstagsbrand flieht er vor den Hitlerschergen nach Prag. Mittellos muss Polgar sich über Wasser halten. Die Dietrich überweist  500 Dollar und  greift ihm mit 200Dollar-Überweisungen immer mal wieder unter die Arme. Der verarmte Rezensent, Kulturkritiker und Autor  ist in Wien völlig verzweifelt und ohne Lebensperspektive. Im  Zustand völliger Depression starrt er vor sich hin, wie Ulrich Weinzierl im zweiten Teil des Buches schreibt. Polgar schwärmt für seine Marlene und schreibt bewundernde Briefe: „Es war gut, Sie alle Tage leibhaftig zu sehen und feststellen zu können, was für ein feiner wie glänzend-aparter Einfall der Schöpfung es war, Sie zu erfinden.“ Oder wie Alfred Kerr sie beschreibt: „Von Schönheit erschüttert.“  Ulrich Weinzierl spricht von „jener schwebenden Leichtigkeit“ und von „von authentischer Qualität.“ Polgar gelingt ein subjektives bewunderndes, genaues, einfallsreich geschriebenes Personen-Porträt einer Ausnahmekünstlerin. Und Ulrich Weinzierl., der die Werke von Alfred Polgar herausgegeben hat, gelingt als Dreingabe ein packendes Kapitel über die Beziehung zwischen Polgar und Marlene Dietrich. Ulrich Weinzierl hat die große, kleine Biographie über Marlene Dietrich in New York entdeckt. 1937/1938 ist sie entstanden. Mehr als 75 Jahre danach erscheint sie zum ersten Mal als Buch.

 

Leser Marlene-Fans, Polgar-Begeisterte, filmhistorisch Interessierte, Berlinale-Gänger

 

Verlag: Zsolnay

 

Pressestimmen

 

 „Geistvoll, ironisch und voll federnder Leichtigkeit – so kommt Alfred Polgars biographische Hommage an Marlene Dietrich daher. Ein kleines, großes Buch – eine Entdeckung."
Günter Kaindlstorfer, Ö1, 24.01.15

„Weinzierl führt uns durch Biografisches, Literarisches, durch Zeitgeschichte und Glanz und Düsternis mit der Meisterschaft des diskret strukturierenden Kenners. Polgar schenkt uns ein Kunstwerk als Gemälde – ein hell verklärendes Bild des großen Idols, dem er wohl auch ein paar kritische Striche eingedrückt hätte, wenn das damals, zur Zeit der Entstehung, erlaubt gewesen wäre.“
Martin Meyer, Neue Zürcher Zeitung, 03.02.15

„Polgar knüpft in diesem Marlene-Porträt an seine große feuilletonistische Kunst aus den zwanziger Jahren an: etwas Augenzwinkerndes, leicht Frivoles, den "Sex Appeal" Marlene Dietrichs suggestiv beschreibend und gleichzeitig aus ironischer Distanz als Phänomen analysierend."
Helmut Böttiger, Deutschlandradio, 05.02.15

„Eine Entdeckung!"
Bernd Noack, Nürnberger Nachrichten, 06.02.15

Marcel Ophüls - Meines Vaters Sohn

Titel Marcel Ophüls Meines Vaters Sohn Erinnerungen Propyläen

 

Autor Marcel Ophüls, in Frankfurt am Main geboren, ist der Sohn des berühmten Filmregisseurs Max Ophüls. Er lebt als Dokumentarfilmer in Frankreich. Er wurde gerade bei den Filmfestspielen in Berlin mit der Berlinale-Kamera geehrt.

 

Cover Porträt von Marcel Ophüls in Denkerpose

 

Gestaltung 320 Seiten, 42 Kapitel, Vorwort, Epilog, Danksagung, Anmerkungen, Literaturverzeichnis, Bildnachweis, Personenregister, witzig zusammengestellte Zitate als Einstieg zu den einzelnen Kapiteln. Am Ende des Buches zwei Interviews mit dem Enkel und mit einem befreundeten Fernsehjournalisten. Schwarzweiß und farbig bebildert im Innenteil.

 

Zitat aus dem Buch: „Das Kino ist für mich, wie für so viele andere, ein Zufluchtsort.“

 

Inhalt Marcel Ophüls saß auf dem Logenplatz der Filmgeschichte: Er kennt die erste deutsche Filmgeneration: Fritz Lang, Josef von Sternberg, Ernst Lubitsch, Fritz Kortner, Billy Wilder. Später lernt er Godard, Truffaut, Malle, Resnais kennen, dreht mit Eddie Constantine, Jeanne Moreau, Simone Signoret, Jean-Paul Belmondo und Gert Fröbe Filme, wird Dokumentarfilmer, mutiert zum Filmjournalisten und bekommt für seinen Dokumentarstreifen über Zeit und Leben des Nazischergen Klaus Barbie den Oscar. Marcel Ophüls, Sohn des legendären Filmregisseurs Max Ophüls, erzählt kurzweilig und anekdotenreich sein bewegtes Leben: die Flucht vor den Nazis nach Hollywood und in seinem Leben die Begegnungen und DErlebnisse mit den Großen des Films.

 

Meinung Er trägt einen großen Namen: Marcel Ophüls. Lust und Last zugleich. Max Ophüls – die Filmlegende! Marcel Ophüls – der Sohn. Marcel who? Marcel – der Dokumentarfilmer. Er hat jetzt bei Propyläen seine Erinnerungen vorgelegt, seine „persönlichen Abrechnungen mit Lebendigen und Toten“, und da er sich weder als „Menschenfreund“ noch als „Gentlemen“ sieht, hofft er wenigstens tolerant zu sein, wie er im Vorwort schreibt. Memoiren schreiben, heißt sich zu erinnern, doch Ophüls sagt über sich selbst: Ich bin kein „Mr. Memory“ mehr, das Gedächtnis lässt eben im Alter nach oder liegt es doch am  genetischen Erbe des Vaters denn „Max Ophüls vergaß dauernd alles, und zwar überall.“ Vater Ophüls arbeitete mit Karl Valentin und BB, nicht mit der Bardot, sondern mit Bertolt Brecht und vielen anderen Größen der Zwanziger Jahre. 

 

Aber klären wir zunächst die Sache mit dem seltsam klingenden Namen auf, denn der Vater hieß Max Oppenheimer, war Jude und wurde 1902 in Saarbrücken geboren.

Sein Vater war kein begeisterter Kinogänger aber erfolgreicher Filmemacher. Ophüls war ein angenommener Künstlername. Ophüls Erinnerungen an den Vater: er war sanft und wütend zugleich, weichherzig und gewalttätig. Der  Mutter erzählt er am Klo „Ich will auch mal eine Rolle spülen.“ Max Ophüls über seinen Sohn: „Du bist ein feiner Kerl. Bleib wie du bist“ Max Ophüls reüssiert an den deutschen Theatern in Frankfurt am Main und Breslau, dennoch muss er vor den NAZIS fliehen, wie Fritz Lang, Billy Wilder, Robert Siodmark und eben auch der Sohn Max Ophüls, der zwischen Europa und den Staaten hin- und her vagabundiert.

 

Ophüls rechnet mit Kollegen und Produzenten, mit Cuttern und Regisseuren, mit Fernsehspielchefs ab, bleibt aber auch selbstkritisch: „Ich war immer ein fauler Schüler und bin bis heute ein Faulpelz geblieben.“ Und er läuft dem Geld nach, denn als freier Filmemacher und auch im Anstellungsverhältnis ist das Filmemachen ein schwieriges Geschäft. („Home ist where i can get work“ ) Selbstkritisch bekennt er: Ich habe es versäumt, den Film über die bisexuelle Marlene Dietrich zu machen, er traut sich auch nicht, mit ihr ins Bett zu gehen: Er ist scheu und hat Angst vor Frauen. Seine Jungfräulichkeit wird ihm von einer vermeintlichen Geisha genommen.

 

Die Dietrich (vgl. Marlene Biographie oben) hilft ihm über schwierige finanzielle Zeiten hinweg. Ophüls geht nach Hollywood, lernt den Hauptankläger der Nürnberger Prozesse kennen, Telford Taylor, macht einen Film die Nürnberger Prozesse, kehrt nach Paris zurück, dreht ein Dokumentarstück über den Nazischergen Barbie und filmt dann ein Porträt über Hitlers Baumeister Albert Speer.

In Deutschland versteht er sich als fest angestellter Redakteur mit dem Fernsehspielchef Dieter Meichsner nicht, der Egon Monks Nachfolger war, kündigt beim NDR und lässt sich auch von Peter Merseburger nicht festhalten.

 

In Krisensituationen begeht Marcel Ophüls einige scheiternde Selbstmordversuche als „nur“ Depressiver, nicht manisch Depressiver. Am Ende des Buches kommt Ophüls zu der etwas schlichten Erkenntnis: „Aus vollster Überzeugung glaube ich, dass das Kino insgesamt eines Frage des Blickwinkels ist.“ Doch dann wird er genauer: Director’s Cut – manche Produzenten haben ihm das Recht auf den endgültigen Filmschnitt verweigert - Director’s Cut also ist für ihn wie “Redefreiheit“: „Man muss immer Stellung beziehen. Für jemand Bestimmtes oder für ein bestimmtes Anliegen.“ In einem Gespräch mit seinem Enkel bekennt er dass die populäre Filmkunst und der Jazz zu den fröhlichen Ereignissen des 20. Jahrhunderts gehören, doch mit dem 21. Jahrhundert, mit SMS, E-Mails und Facebook kann er nichts anfangen. Sein Vater „war ein Genie“ er selbst begnügt sich damit „begabt zu sein.“ Der Text der Mempiren ist durch Interviews entstanden, das gibt ihm einerseits eine kurzweilige Struktur, andererseits wirken die Kapitel da und dort etwas sprunghaft.  Und im Übrigen gilt der Satz von Woody Allen: „Wenn Gott existiert, dann muss er sich bei uns entschuldigen.“

 

Leser Alle, die sich für Film, Filmgeschichte, Stars, Sternchen, Regisseure, Filmfestivals, Drehbücher interessieren und deutsche Geschichte interessieren und alle, die einen notgedrungen voyeuristischen Blick hinter die Kulissen der Filmbranche werfen wollen.

 

Verlag: Propyläen

 

Pressestimmen

 

Marcel Ophüls ist ein verschmitzter, anekdotenreicher Beobachter des letzten Jahrhunderts.

BR 2 "Kulturjournal", Moritz Holfelder, 25.01.2015

 

 

http://www.deutschlandradiokultur.de/erinnerungen-von-marcel-ophuels-unnachsichtig-mit-sich-und.1270.de.html?dram:article_id=310758