Titel
Lojze Wieser u.a. Der Geschmack Europas.
Ein Journal mit Rezepten. Weitere Stationen Wieser Verlag/ORF
Autor
Lojze Wieser, 1954 geboren, lebt als Verleger in Klagenfurt/Celovec und legt den Schwerpunkt seines Programms auf südosteuropäische Literatur. Die Reihe Europa erlesen und die Wieser Enzyklopädie
des europäischen Ostens erreichten Kultstatus. (2014, wtb 15)
Heribert Senegacnik, 1955 geboren, lebt in Stein, Viktring/Vetrinj, Kameramann, alle Bereiche von Live-Übertragungen, Mehrkameraaufzeichnungen, Dokumentationen, Spieldokumentationen,
Festivalbeiträge, Kino- und Fernsehwerbung u. v. m. Seine Kameraführung ist legendär. Zahlreiche heimische und internationale Auszeichnungen. Lehrauftrag an der Alpen-Adria-Universität in
Klagenfurt/Celovec. Produktionen für ORF, ARTE, ServusTV, 3sat, ZDF u. a.
Inhalt
Sieben weitere Fernsehfolgen über die „Geschmacksregionen“ Europas sind in diesem Buch wieder dokumentiert: Istrien, Epirus, der griechische Norden, Flandern, Böhmen, der dänische Süden und Fünen,
Sizilien und die Südoststeiermark
Gestaltung
380 Seiten, Text- und Bilderbuch mit literarischen Texten, großformatigen Fotos aus den Regionen, Doku auch der Fernsehproduktion, Einbindung von Lyrik, Texten und Rezepten, die jedoch für den
Kenner knappgehalten sind, Zitat von Leserreaktionen, einleitende Texte zu der Serie überhaupt, zu der auch ich als Rezensent einen Beitrag leisten durfte. Man bespricht nicht, was man selbst
produziert hat, doch in diesem außergewöhnlichen Fall mache ich eine Ausnahme, weil das multimediale Projekt insgesamt zum Thema Essen und Europa eine wichtige kulturpolitische und literarische
Dimension hat und erst recht auch deshalb, weil die Freunde Europas als Gruppe übersichtlicher geworden ist, ich mich aber nach wie vor als überzeugt dazu zähle.
Cover Meeresfrüchteteller
Zitat
„Wir gehen mit der Zunge auf Reisen, finden werden wir den Himmel im Mund und die Sehnsucht von Menschen. Lassen wir uns den Geschmack Europas auf der Zunge zergehen“
Meinung
…und hier möchte man gleich hinzufügen, und lassen wir uns den Geschmack an Europa in der Zukunft von Anderen nicht verderben, auch wenn er manchmal im Augenblick etwas bitter daherkommt.
Der „Geschmack Europa“ ist kein Kochbuch.
Dieses JOURNAL ist eine Menüfolge, zunächst ein Gruß aus der europäischen Küche, der dann zu internationalen Vorspeisen gelangt, über die Hauptspeisen zu den Desserts kommt, da stehen die
regionalen Spezialitäten neben Omas heimischer Küche, da entdeckt Lojze Wieser kulinarische Köstlichkeiten neben kulturhistorischen Eigenheiten.
Dass Europa auch einen sprachlichen Klang hat, wird nicht vergessen. Zitate würzen die Speisefolgen: „Der Geschmack ist ihnen geblieben, auch wenn das sprachliche Territorium schrumpft.“ Wir
blicken in Küchen und Kochtöpfe, auf Landschaften und Lustvolles, erkennen Wortwörtliches als sprachliche Eigenheiten der Regionen, werfen Blicke auf angerichtete Speisen, bekommen Brutzel-Tipps so
ganz nebenbei, Menschen und Gruppen scharen sich um den Leser und berichten von ihren Erfahrungen. Bearbeitungstechniken von Lebensmitteln werden ebenso dokumentiert wie Arbeitsmethoden von
Medienleuten, die allerhand Schwenks haben hinter sich bringen müssen, bis die sieben Fernsehfolgen „im Kasten“ waren.
Lojze Wieser gibt als literarischer Landstreicher Einblicke in Empfindsames, nimmt uns in seinen Texten und Begleitworten mit zu den Menschen und deren Traditionen, erkennt
Gesellschaftskritisches, er berichtet über positive wie negative Trends „…sich (einerseits) der industriellen Vereinnahmung durch natürlichen Anbau entgegenzustellen.“ Und im Gegensatz dazu:
„Der Wandel des Lebensmittels zum rein ökonomischen Faktor, zur Ware, unabhängig von seiner Funktion, ist somit endgültig vollzogen und unterliegt auch diesen Gesetzen.“
Fazit „…die Kassen gefüllt, die Natur zerstört“.
Wir werden vom Autor zu Landgasthöfen geschleppt, lernen die natürliche und kulinarische Eigenart europäischer Regionen kennen und bekommen dazu „prononcierte“ Tipps zur Aussprache von Speisenamen
aus den europäischen Regionen gratis mitgeliefert.
So wird dieses Kochjournal auch zum Sprachdokument und Sprachkurs.
Wir wissen, dass Bilder dann besonders schön erscheinen, wenn die Sonne über Landschaften strahlt, wir haben ja leider derzeit eine eher stürmische und unbeständige politische Wetterlage in
Europa. Da hilft dieses Buch als europäischer Stimmungs-Aufheller für Europafans, auch Europaskeptiker und erst recht für Europa-Nachwuchs, der hoffentlich gut ernährt nachwächst.
Leser
Europäer und solche, die es werden wollen
Warum sollte man genau dieses Buch lesen oder verschenken?
Europa ist Vielfalt in Kultur, Sprache, Geographie, Landschaft, Traditionen, regionalem Brauchtum und auch bei bei Polenta und Politik. Wir müssen uns nur darüber klar werden, dass angesichts von
Einheitsbrei, Normierung, Regelwerken, Abschottungstendenzen die Vielfalt ein kostbares Gut auch für die Zukunft ist.
Auch wenn wir inzwischen alle Pizza essen, es gibt immer noch Unterschiede, wo der Teig herkommt, wie der Käse beschaffen ist und vor allem welcher Ideenreichtum sich auf dem Belag abspielen kann.
Eben Vielfalt statt Einfalt.
Für Ihr europäisches Weihnachtsmenü (statt Pizza) gibt das Buch genügend Anregungen.
Verlag
WIESER
Fernsehserie
http://www.3sat.de/page/?source=/dokumentationen/173159/index.html
Preis
30 Euro